Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Water Indicators in Domestic Politics and Law (WIDPAL)

Der Einsatz der SDG-Indikatoren für wasserbezogene Ziele als Instrument innenpolitischer und rechtlicher Auseinandersetzungen.

Forschungsteam

Prof. Dr. Petra Dobner

Projektleitung

0049(0)345-55 24212

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Philosophische Fakultät I

Institut für Politikwissenschaft, Lehrstuhl für Systemanalyse und Vergleichende Politikwissenschaft

Emil-Abderhalden-Straße 26-27
D-06108 Halle (Saale)

Prof. Dr. Dirk Hanschel

Projektleitung

0049(0)345-55 23170

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und internationales öffentliches Recht

Universitätsplatz 5
D-06108 Halle (Saale)

Dipl.-Jur. Florian Müller

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

0049(0)345-55 24278

Wiegand Körber, M.A.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

0049(0)345-55 24265

Lea Schmidt

Studentische Hilfskraft

Leon Switala

Studentische Hilfskraft

Laufzeit

2019-2022

Förderung

Das Projekt

Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDGs)    stellen hinsichtlich der Reichweite und Methodik ein Novum internationaler Politik dar: Mithilfe einer indikatorgestützten Zielsteuerung soll weltweit eine nachhaltige Entwicklung in insgesamt 17 Handlungsfeldern initiiert werden. Fünf Jahre nach der Verabschiedung fehlt es jedoch weiterhin an empirischen Belegen dafür, inwieweit die Indikatoren tatsächlich zu effektiven Lösungen vor Ort beitragen. Unser transdisziplinäres Projekt untersucht daher die Frage, welche Wirkung die Indikatoren des SDG 6    („Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten“) im Rahmen innenpolitischer und rechtlicher Diskurse entfalten. Konkret fragen wir: Gibt es einen Bezug zwischen dem SDG-Prozess und den rechtlichen und politischen Auseinandersetzungen um Wasser? Beide möglichen Antworten führen zu relevanten Ergebnissen: Wenn in Wasserkonflikten die Versprechen der Nachhaltigkeitsziele herangezogen werden, könnte dies ein Beleg für ihre indirekte Wirksamkeit sein. Wird hingegen kein Bezug genommen, so liegt der Verdacht nahe, dass der komplexe SDG-Prozess von den realen Konflikten abgekoppelt ist, was grundlegende Fragen zur Entwicklungsstrategie der Vereinten Nationen aufwirft. Wir konzentrieren uns in unserem Projekt auf ausgewählte Länder (insbesondere Indien), die sowohl erhebliche Wasserprobleme haben und entsprechende Konflikte um Wasser austragen, als auch exponierte Institutionen zur Bekämpfung dieser Probleme (etwa sog. Environmental Courts and Tribunals (ECTs)) errichtet haben.

Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen

Die Agenda für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ist ein hochambitionierter Versuch der internationalen Gemeinschaft, Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu formulieren und diese global umzusetzen. Am 25. September 2015 in New York von den 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet, stellt die Agenda einen „Aktionsplan für die Menschen, den Planeten und den Wohlstand“ dar. Das Ziel: „Die Menschheit von der Tyrannei der Armut und der Not zu befreien und unseren Planeten zu heilen und zu schützen.“ Um das zu erreichen, ist nichts weniger als die „Transformation unserer Welt“ der Anspruch, welcher in den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDG) zum Vorschein kommt. Diesen Zielen sind 169 Unterziele und entsprechende Indikatoren zur Messung des Fortschritts zugeordnet. Voraussetzung dafür ist die weltweite Erhebung umfassender Datenmengen in allen betroffenen Bereichen, ein von den Vereinten Nationen als „Data Revolution“ bezeichneter Prozess.

Nachhaltigkeitsindikatoren: „Governing by numbers“

Die SDGs knüpfen an die im Jahr 2000 verabschiedeten Millennium Development Goals    (MDGs) an und gehen zugleich in mehrfacher Hinsicht darüber hinaus. Sie wenden sich gleichermaßen an alle Staaten, stellen Nachhaltigkeit in vielen Handlungsfeldern in den Vordergrund und machen dabei den Einsatz von Indikatoren zum maßgeblichen Werkzeug. Die Festsetzung einer sozialen und politischen Priorität (Ziel/goal), eines zeitgebundenen, quantitativ zu erreichenden Ergebnisses, welches den Maßstab für die Leistung setzt (Unterziel/target), und eines Messinstruments zur Überwachung des Fortschritts (Indikator/indicator) stellt eine erhebliche Weiterentwicklung dar. Die Zielsetzung und ihre entsprechende Quantifizierung sind so nicht nur Prozess der Ausarbeitung, sondern entscheidende Methodik.

Diese Hinwendung zur Zielsetzung als dominanter Governance-Technik wird mit einer Reihe von Hoffnungen verknüpft: Die Umwandlung von qualitativen Zielvorstellungen in quantitative Einheiten soll Nachvollziehbarkeit und Transparenz gewährleisten. Auch wird vermutet, dass die numerische Überprüfbarkeit ihre Durchsetzbarkeit erhöht („governing by numbers“). In den Händen von Politik und Gesellschaft sollen die Indikatoren als zentrales Instrument notwendige Transformationen bewirken. Bislang fehlt es jedoch an hinreichenden Nachweisen einer Verbindung zwischen Indikatoren, ihrer Datengrundlage und effektiven Lösungen vor Ort.

Fokus Indien (und darüber hinaus)

Nicht nur angesichts der Krisenzuspitzung (bereits für 2030 wird erwartet, dass etwa 40% der indischen Haushalte keinen Zugang mehr zu Trinkwasser haben werden), sondern auch hinsichtlich traditionell starker Umweltbewegungen, einer innovativen Umweltgerichtsbarkeit, dem National Green Tribunal (NGT   ), und der mit der Umsetzung der SDGs betrauten National Institution for Reforming India (NITI Aayog   ) stellt das südasiatische Land einen geeigneten Untersuchungsort dar. Dazu kommt die wichtige Rolle Indiens bei der Ausarbeitung der SDGs sowie die indische geopolitische Position als solche. Im Jahr 2025, so schätzt die demographische Forschung, wird Indien seinen Nachbarn China als bevölkerungsreichstes Land der Welt abgelöst haben. Wenn die SDGs also global erreicht werden sollen, ist ihr Erfolg in Indien Voraussetzung. Eine Ausweitung der Untersuchung auf andere Länder und somit die Eröffnung einer Vergleichsperspektive ist vorgesehen – z.B. auf Australien, das bereits seit 1980 eine eigenständige Umweltgerichtsbarkeit etabliert hat und dessen Land and Environment Court    (LEC) des Gliedstaates New South Wales – als eines der weltweit am besten organisierten Umweltgerichte gilt, und Neuseeland, dessen innovativ organisiertes Umweltgericht    eine ausgeprägte und weitreichende Umweltrechtsprechung im ganzen Land ermöglicht.



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