Sachsenspiegel 2
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fol. 43v (Ldr. III 44-45) Text: kerte das riche an kriche da stunt is so lange / bis is sich ro me underwant. und iulius keiser wa / rt Noch hat rome das wertliche swert und von / sente petirs halben das geistliche da von heist / si houbt allir werlde. Vnse vorderen da die hern quamen / und di doringe vor triben di waren in allexan / ders her gewest mit irre helfe hatte he betwn / gen al asyam. Da allexander starp da en torsten / si sich nicht zu tun indem lande. durch des landes / has. und schiften mit drin hundirt kielin di vor / tin bin alle bis uf vier und vunfzig. der quamen / achzen zu prusen. und besasen das. zwelue besasin riuan. vierunzwenzig quamen herzu lan / de. Da ir so vil nicht en was das si den ackir / mochten gwirken. da sie die doringeschen herren / slugen. und vor triben. da liesin si di gebur sizzen / ungeslagen. und bestalten en den ackir zu so geta / neme rechte alse si en noch di lasin habin. dar / abe quamen di lasin. von den lasin di sich vor wor / chten an irme rechte quamen die tage worchten./Nu vor nemt aller lute wergelt und xlv / buse. vorsten vrieherrin. schepphinbare liuyte / di sin Vormund seiner Frau, sobald sie ihm angetraut ist. glich inbuze und in wergelde doch eret man / di vorsten und vrieherren mit golde zu gebene und gi / bit en zwelf guldine phennige zu buse der iclicher / ein dri phennig gewichte silbers wegen. das / phennig gewichte goldis nam man hi vorzwene / silbirs sus waren di zwelf phennige drisig schil / linge wert. Den schepphinbaren vrienluyten gibit / man drisig schillinge zu buse phundischer phenni / ge der sullen zwenzig schillinge eine marg wegin. / ir wergelt sin achzen phunt phundischer phenninge. / Ein iclich wip hat ires mannes halbe buse und / wergelt. icliche mait und ungemannet wip hat hal / be buse noch deme das sie geborn is. der man is ouch / vormunde sins wibes alse si im getruwet wirt
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Übersetzung: brachte das Reich an die Griechen. Dort bestand es so lange bis Rom sich seiner bemächtigte und Julius Kaiser wurde. Noch hat Rom davon das weltliche Schwert behalten und wegen des heiligen Petrus das geistliche, deswegen heißt es "Haupt der ganzen Welt". Unsere Vorfahren, die hierher kamen und die Thüringer vertrieben, die sind in Alexanders Heer gewesen. Mit ihrer Hilfe hatte er ganz Asien unterworfen. Als Alexander starb, da wagten sie es wegen des Hasses des Landes nicht, sich in dem Land auszubreiten und stachen mit dreihundert Schiffen in See. Die sanken alle bis auf vierundfünfzig, von diesen kamen achtzehn nach Preußen und nahmen es in Besitz, zwölf nahmen Rügen in Besitz, vierundzwanzig kamen hierher in das Land. Weil ihrer so viele nicht waren, daß sie den Acker bestellen konnten, ließen sie - als sie die thüringischen Herren erschlagen oder vertrieben hatten - die Bauern am Leben und auf ihrer Scholle sitzen und verliehen ihnen den Acker zu solchem Recht, wie es die Zinsbauern noch heute besitzen. Dadurch entstanden die Zinsbauern. Aus den Zinsbauern, die ihr Recht verwirkten, entstanden die Tagelöhner. Kapitel XLV. Nun hört von jedermanns Wergeld und Buße: Fürsten, Freiherren, schöffenbare Leute sind gleich in bezug auf Buße und Wergeld. Doch ehrt man die Fürsten und Freiherren dadurch, daß man sie in Gold bezahlt, und man gibt ihnen zwölf goldene Pfennige als Buße, von denen jeder drei Pfenniggewichte Silbers wiegen soll. Das Pfenniggewicht Goldes nahm man da für zehn von Silber, so waren die zwölf Pfennige dreißig Schillinge wert. Den schöffenbarfreien Leuten gibt man dreißig Schillinge vollwichtiger Pfennige als Buße, von denen zwanzig Schillinge eine Mark wiegen sollen. Ihr Wergeld sind achtzehn Pfund vollwichtiger Pfennige. Jede Frau hat ihres Mannes halbe Buße und Wergeld. Jedes Mädchen und jede unverheiratete Frau hat halbe Buße, je nach dem Stand, in den sie geboren ist. Der Mann ist auch
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Beschreibung: 1. Bildstreifen Die Szene ist durch die rote Initiale "N" mit der Textstelle "Noch hat rome..." verklammert. Dargestellt ist der römische Kaiser mit goldenem Gewand, Krone, Zepter (alles schwarz konturiert) und Schwert. Kopf, Brust und Arme sind offenbar von einer Art Rüstung umgeben. Nach dem Text wurde Rom das weltliche Schwert zuerkannt, während der Papst in rotem Gewand und mit dreistufiger Tiara in kniender Haltung vom heiligen Petrus (rot konturierter, goldener Nimbus) die geistliche Gewalt erhalten hat (hier symbolisiert durch einen großen Schlüssel, der an den Papst übergeben wird). 2. Bildstreifen Der 2. und 3. Bildstreifen illustriert die Geschichte der Sachsen. Die goldene, rot konturierte Initiale "V" verweist in den Text "Vnse vorderen...". Dargestellt sind zwei einmastige Segelschiffe mit insgesamt elf Männern und je einem Ruderer mit Kapuze. Laut Text dienten die Vorfahren der Sachsen im Heer Alexanders des Großen und halfen mit, Asien zu erobern. Nach dem Tod Alexanders hätten sie mit 300 Schiffen Asien verlassen. Drei Tote im Meereswasser symbolisieren die Opfer, welche die Überfahrt gefordert hatte. 3. Bildstreifen Der 3. Bildstreifen ist durch den blauen Buchstaben "D" mit dem Text verbunden ("Da ir so vil..."). Dargestellt sind sechs geharnischte Krieger. Vier davon sind nach links gewandt. Die zwei ersten schlagen mit ihren Schwertern auf zwei Männer ein, die rücklings auf den Boden fallen. Letztere stellen die von den Sachsen besiegten Thüringer dar. Zwei Geharnischte sind nach rechts gewandt und stehen drei Männern in bäuerlicher Tracht gegenüber. Sie belehnen offenbar die Bauern mit dem eroberten Land. 4. Bildstreifen Der 4. Bildstreifen leitet zu einem anderen wichtigen Thema über. Der durch die goldene, blau konturierte Initiale "N" gekennzeichnete Text enthält Vorschriften über Wergeld und Buße, die nach sozialer Stellung gestaffelt sind. Diese materiellen Leistungen in Geld wurden vom Täter an die Hinterbliebenen bzw. an den Verletzten im Falle einer Straftat gezahlt. Im Bildstreifen ist ein sitzender Herr (mit Fahne, rot konturiertem goldenen Schapel) dargestellt, vor dem ein Mann in bäuerlicher Kleidung kniet. In einem Rechteck (Zahlbrett), das der Kniende hält, sind 12 Kreise angeordnet. Sie stehen für 12 "goldene Pfennige", welche den Fürsten als Buße zukommen. 5. Bildstreifen Dagegen erhalten die freien Herren und schöffenbaren Leute dreißig Schillinge als Buße, was im 5. Bildstreifen mit der Zuordnungsinitiale "D" (rot) dargestellt ist. Ein schöffenbarfreier Mann in bäuerlicher Tracht kniet vor einem sitzenden freien Herrn (goldenes, rot konturiertes Schapel) und zeigt auf ein Quadrat (Zahlbrett) mit 12 Kreisen und der römischen Zahl XXX. Die 12 Kreise stehen für einen Schilling zu zwölf Pfennigen, während sich die Zahl auf die Recheneinheit Schilling bezieht. 6. Bildstreifen Der 6. Bildstreifen befindet sich in Abweichung von der Regel unterhalb des Textes. Die goldene, rot konturierte Initiale E verknüpft ihn mit der Textstelle "Ein iclich wip...". Dargestellt ist in ganz ähnlicher Komposition wie in den Bildstreifen 4 und 5 die Buße für die Ehefrau. Ein Mann in bäuerlicher Tracht kniet vor einer sitzenden Frau mit Schleier. Zwischen ihnen ist ein Quadrat (Zahlbrett) zu sehen, auf dem eine halbe Münze liegt. Sie bedeutet, daß der Frau das halbe Wergeld ihres Mannes zusteht. |