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25-JÄHRIGES BESTEHEN DES JURISTISCHEN BEREICHS

In diesem Jahr feiert der Juristische Bereich der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sein 25-jähriges Bestehen. 25 Jahre Juristische Fakultät sind an einer Universität mit großer Geschichte nicht viel mehr als ein Wimpernschlag. Der große Naturrechtler Christian Thomasius lehrte das Gedan-kengut der Aufklärung und gründete 1694 diese Universität und damit auch unsere Fakultät. Es entstand die erste deutsche Aufklärungsuniversität, in der die Vernunft Messlatte für Rechtswissenschaft und Rechtslehre wurden und damit die tief greifende Abhängigkeit von Herrschaftsstrukturen gebrochen wurde.

Vor etwas mehr als 25 Jahren fand hier in Halle mit der friedlichen Revolution erneut ein Aufbruch statt. Es war das Anliegen der Menschen, sich und nicht zuletzt auch das Recht, aus der bedingungslosen Ab-hängigkeit von Autoritäten zu lösen. Mit der für Juristen typischen Gründlichkeit hatte der Einigungsver-trag die Möglichkeit eröffnet, bis Ende 1990 bestimmte Institutionen aus der DDR nicht in die neugebil-deten Länder zu überführen, umschrieben mit dem Begriff „Abwicklung“. Es wurde darüber entschieden, welche Mitarbeiter der Universität in den Landesdienst des neuen Landes Sachsen-Anhalt übernommen werden können oder zu entlassen waren. Unser Rechtshistoriker Prof. Dr. Heiner Lück prägte den Satz vom freien Fall auf den freien Markt. In der Praxis bedeutete das, dass den in Halle bereits mitten im Jurastudium stehenden Studentinnen und Studenten im Dezember 1990 nicht nur der vollständige Lehr-körper, sondern auch der Unterrichtsstoff abhandengekommen war. Die Lebens- und Studiensituation für alle Beteiligten hier in Halle war damals folglich dramatisch. Die eingeschriebenen Studenten wollten ein Examen ablegen und waren quasi über Nacht mit einer völlig neuen Rechtsordnung konfrontiert, die Ab-wicklung griff tief in das Leben der Menschen ein.

Der damalige Justizminister und Ehrendoktor unser Fakultät, Walter Remmers, hatte schon im Dezember 1990 bei der Juristischen Fakultät nachgefragt und dort die Zusage erlangt, dass man alles tun werde, um für die von der Abwicklung betroffenen Studierenden eine Zusage für einen weiteren gesicherten Studien-ablauf zu machen. So wurde die Idee vom sogenannten „Stummelsemester“ geboren. Alles, was in Göt-tingen eine Lehrbefugnis hatte, machte sich auf den Weg nach Halle und so war die Keimzelle für den Neuaufbau der Fakultät geschaffen. Prof. Dr. Hans-Ludwig Schreiber aus Göttingen erklärte sich bereit, das Amt des Gründungsdekans zu übernehmen. Prof. Dr. Dietrich Rauschning koordinierte die Lehrpla-nung und Prof. Dr. Jürgen Costede übernahm die Koordinierung der Sanierungsarbeiten und den Aufbau der verwaisten Sekretariate.

Die Gründungskommission beendete ihre Arbeit am 1. Juli 1993 mit einem Festakt zur Gründung der neuen Fakultät. Man zog in den historischen Talaren in der Aula ein, der erste Dekan der Fakultät, Prof. Dr. Michael Kilian, begrüßte als Festredner den späteren Bundespräsidenten und damaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Roman Herzog.

Die Arbeitsbedingungen waren weiterhin katastrophal. Die juristische Fachbibliothek war in drei kleinen Kellerräumen des Thomasianums untergebracht, ein Leseraum befand sich in der ersten Etage, der heu-tigen Dozenten-Bibliothek Zivilrecht. Nach zähen Verhandlungen mit der Hochschulleitung wurde schließ-lich eine provisorische Bibliothek in der ersten Etage des Löwengebäudes eingerichtet, zunächst in zwei und dann immer mehr Räumen. Auch die Vorlesungsräume waren alles andere als attraktiv. Für die Vor-lesungen mussten Lehrende und Studierende zwischen dem Kinosaal der Stasi am Gimritzer Damm, dem Tschernyschewski-Haus, der heutigen Leopoldina, freilich damals noch in nicht renoviertem Zustand, hin und her pendeln.

Trotz aller Hindernisse war ein Studienbeginn im Sommer 1991 sichergestellt. Diese heute kaum noch vorstellbare Aufbruchssituation hat dazu geführt, dass alle Mitglieder der Fakultät eng zusammengearbei-tet haben und das prägt bis heute die gute Arbeitsatmosphäre hier in Halle.

Ein sichtbares Zeichen des Neuanfangs wurde der Neubau unseres Juridicums, ein einzigartiges Projekt. Für uns war es ein Glücksfall, dass Gernot Schulz als Architekt sich zum Ziel gesetzt hatte, gemeinsam mit dem zukünftigen Nutzer zu planen und zu bauen. Von mehr als 40 Millionen DM als erste Planungsgröße startete der Bau mit einem Kostenrahmen von 35 Millionen, verbaut wurden am Ende 32 Millionen, und das neue Juridicum wurde nach 18 Monaten Bauzeit pünktlich vor genau 20 Jahren unserer Fakultät als Nutzer übergeben. Auch der übrige Universitätsplatz, die beeindruckende Freitreppe und das Audimax wurden von Gernot Schulz gestaltet.

2001 erreicht die Fakultät erstmals beim CHE-Ranking einen Spitzenplatz unter den deutschen Juristischen Fakultäten; nur 10 Jahre nach der Abwicklung in die Spitze, wo wir heute noch mit Stolz stehen.

Die Fakultät ist in der Wissenschaftslandschaft angekommen, wichtige Fachgesellschaften haben ihre gro-ßen Tagungen in Halle mit großen Erfolgen durchgeführt. Auch wurde die Studienreform erfolgreich ab-geschlossen und ein Prüfungsamt ins Leben gerufen, das bis heute zuverlässig arbeitet. Studierende aus Halle glänzen auf nationaler und internationaler Ebene in verschiedenen Moot-Court-Veranstaltungen.

Nach langer Diskussion über die Organisation des Studienbeginns etablierte die Fakultät Wege für die bessere Integration der Erstsemester und entwickelte das bis heute erfolgreiche und immer wieder ge-lobte Modell der Einführungswoche. Die internationalen Kontakte der Fakultät werden immer intensiver, der Joint Master of International Economic Law gemeinsam mit der South West University of Chongquing in China eröffnete den intensiven Austausch zwischen beiden Studienorten. Prof. Höland und Prof. Kilian etablieren gemeinsam mit Prof. Beulke aus Passau die Seminarreihe, in der die Bedeutung von Recht und Juristen in der Geschichte des Nationalsozialistischen Staates, insbesondere das Vernichtungsprogramm der Nazis, eine zentrale Rolle spielen. Tief beeindruckt kommen die Studierenden regelmäßig von der Se-minarveranstaltung in Oswiecim, dem ehemaligen Auschwitz, zurück.

An der Fakultät hat sich inzwischen zur Vorbereitung auf das erste Staatsexamen das fakultätseigene Ganzjahresrepetitorium etabliert. Die hohe Qualität der Juristenausbildung in Halle, die nicht umsonst immer stärker nachgefragt wird, schlägt sich in den Examensergebnissen positiv nieder.

Ganz besonders stolz ist die Fakultät auf unsere „Renziband“ und den fakultätseigenen Chor, der beim fünfundzwanzigjährigen Jubiläum seine Premiere feierte.

(Prof. Dr. Hans Lilie)

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